Helge Hesse: Mit Platon und Marilyn im Zug

Cover Hesse Platon Marilyn

 © Piper

Im Laufe der Geschichte gab es immer wieder spannende Begegnungen zwischen besonders einflussreichen, klugen oder charismatischen Menschen. Welche Einstellungen hatten sie zu wichtigen Lebensfragen und welche Konsequenzen zogen sie daraus? Welche Lehren können wir heute daraus ziehen? Helge Hesse, Publizist und Autor von Bestsellern wie Hier stehe ich, ich kann nicht anders, hat in seinem neuen Buch Mit Platon und Marilyn im Zug 15 Konstellationen von der Antike bis zur Gegenwart untersucht.

Jedes Kapitel versetzt uns unmittelbar in eine Szene aus dem Leben der Protagonisten. Helge Hesse skizziert die Persönlichkeiten und ihre unterschiedlichen Ansichten zu Themen philosophischer, kultureller oder auch politischer Natur. Auch das historische Umfeld und die persönliche Lebenssituation der Protagonisten werden beschrieben. Das Buch ist chronologisch geordnet, die Kapitel können aber in beliebiger Reihenfolge gelesen werden.

Wer begegnet wem? Um welche zentralen Fragen geht es?

Eine kleine Auswahl:

  • Niccolò Machiavelli und Leonardo da Vinci über den Umgang mit Macht
  • David Hume und Adam Smith über die Frage, ob Freiheit ohne Verantwortung möglich ist
  • Ulysses S. Grant und William T. Sherman zum Problem, ob Kriege gerecht sind
  • Vincent van Gogh und Paul Gauguin über die Frage, ob Kunst lebensnotwendig ist
  • Winston Churchill und Charly Chaplin und ihre Strategien, um das Böse zu besiegen. Einer wählt die Waffen, der andere den Humor
  • Arthur Miller und Marilyn Monroe, die am Zwang, perfekt sein zu müssen, zerbrach

Meine Lieblingskapitel:

  • Johann Wolfgang von Goethe und Alexander von Humboldt über das Wesen der Natur. Trotz gegensätzlicher Meinungen, z.B. über die geologische Entwicklung der Erde, waren die beiden enge Freunde, die gern Zeit miteinander verbrachten, um neue Ideen und Erkenntnisse aus den Naturwissenschaften auszutauschen. Der Mensch war für sie ein Teil der Natur, die sie zu begreifen versuchten. Helge Hesse konstatiert: “Für sie war die Natur nicht etwas, das der Mensch nur beobachtet und nutzt, sondern etwas, durch das ihm eine Aufgabe zuwächst.” Mit dieser Einstellung sind sie auch heute noch Vorbilder.
  • Fredrik Willem de Klerks und Nelson Mandelas gemeinsamer Kampf zur Überwindung der Gewalt in Südafrika. Helge Hesse beschreibt ihre Bereitschaft, aufeinander zuzugehen und Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen: “Mandela und de Klerk haben ein schwankendes Hochseil betreten und balancieren von den Enden aufeinander zu. Beide müssen in den Verhandlungen mit der anderen Seite Stärke zeigen und die Radikalen ihrer Volksgruppen sowohl einbinden als auch in die Schranken weisen.” Immer wieder unternahmen sie neue Anläufe zur Versöhnung und zur Aufhebung der Apartheid, bis es ihnen gelang. Diese Bereitschaft ist auch bei den vielen Konflikten der Gegenwart unverzichtbar.

Alle hier beschriebenen Persönlichkeiten sind eingebunden in ihre Epochen, die in den Kapiteln des Buches lebendig werden. Doch die Konflikte, die sie bewegen, sind zeitlos. Das macht diese Texte so interessant. Manchmal störten mich Details zu den Umständen, zum Aussehen oder den Angewohnheiten der Protagonisten, die für mich belanglos sind, andere Leser aber vielleicht unterhaltsam finden. Entscheidend ist, dass wir Einblicke in ihre Denkmuster und ihre Motivation erhalten. Das Buch stellt Fragen, die nach der Lektüre weiter in einem wirken. Während meiner Lektüre wurde Donald Trump zum nächsten Präsidenten der USA gewählt. Ich könnte mir gut vorstellen, wenn der Spuk in einigen Jahren vorbei ist, ein Kapitel mit Barack Obama und Donald Trump über Wahrheit und Lüge zu lesen. Die Methode des Autors ist bestens geeignet, zum Nachdenken über die eigene Position anzuregen.

Helge Hesse: Mit Platon und Marilyn im Zug
Was uns die Begegnungen berühmter Persönlichkeiten über die großen Fragen des Lebens verraten
Piper Verlag 2016, 304 Seiten
ISBN 978-3-492-05751-6 gebunden
ISBN 978-3-492-31196-0 Taschenbuch
Leseprobe

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10 Kommentare

  1. Das klingt unterhaltsam und klug, das macht mich neugierig!

    • Dann schau dir am besten mal die Leseprobe an. Da kannst du weitere spannende Konstellationen entdecken und gewinnst einen guten Eindruck in Helge Hesses Stil und Methode!

      • Danke … hatte den Link unter der ISBN vorhin glatt übersehen: Gefällt mir, weil es vom Stil her gut lesbar, aber eben durchaus nicht anspruchslos ist. Und ich wäre natürlich sehr neugierig auf die Kapitel mit Arthur Miller und MM, John und Yoko – na, da führt heute mal der Weg wieder schnurstracks in die Buchhandlung… kann ich Dir die Rechnung schicken :-) ?

        • OK, dann schicke ich dir im Gegenzug meine Rechnung zum Roman “Ruhe auf der Flucht”. An dem konnte ich nach deiner Buchvorstellung nicht vorbei ;-)

          • Stimmt – nachdem die Hauptfigur auch noch Hobby-Ornithologe ist, könnte das was für Dich sein. Normalerweise würde ich jetzt spontanerweise einen Büchertausch vorschlagen – aber das Buch will ich nicht hergeben, weil es auch optisch so schön ist :-)

          • Kein Tausch – das kann ich akzeptieren, es ist wirklich schön! Ich freue mich aufs Lesen!

  2. Liebe Petra, da musste ich doch gleich mal bei dir stöbern kommen. Ein interessantes Buch, das du hier vorstells. Ich liebe es ja, wenn ich als Leserin solchen Gesprächen “zuschauen” kann. Da hat etwas von Platon^^ aber natürlich kommen dann die Argumente viel lebendiger rüber, als bei nüchternem Aufzählen. Ich setzt es gleich mal auf die Wunschliste :-)

    Lg
    Eva

    • Liebe Eva,
      schön, dass du gleich mal zu mir rüber gekommen bist und auch gleich etwas Interessantes entdeckt hast!
      Liebe Grüße, Petra

  3. Liebe Petra,
    danke für die ausführliche, treffende Rezension. Ich finde, Helge Hesse kann über historische Details mit einer ungeheuren Leichtigkeit schreiben. Er schafft plastische Bilder, in die ich mich als Leser sofort hineinfallen lassen kann. Und mit den Bildern spannt Hesse mit seinem ungeheuren Fachwissen Verbindungen, die mich immer wieder verblüffen.
    Es war nicht mein erster Helge Hesse und es ist sicherlich nicht mein letzter ;)

    • Diese Leichtigkeit, von der du schreibst, hat mir schon bei Hesses anderen Büchern so gut gefallen. Vor allem die beiden Bücher “Hier stehe ich, ich kann nicht anders” und “Ich habe eine Traum”, in denen Geschichte anhand von berühmten Zitaten erklärt wird, kann ich dir besonders empfehlen! Viel Vergnügen bei der Lektüre!

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