Salomon Kroonenberg: Warum die Hölle nach Schwefel stinkt

Kroonenberg Hölle Schwefel

© Primus

Salomon Kroonenberg ist emeritierter Professor für Geologie an der Universität Delft. In seinem Buch Warum die Hölle nach Schwefel stinkt nimmt er uns mit auf eine spannende Reise ins Innere der Erde. Der niederländische Untertitel verrät uns, dass es um Mythologie und Geologie der Unterwelt geht. Auf den Spuren von Vergil, Lukrez, Strabon, Jules Verne und anderen Klassikern begeben wir uns Kapitel für Kapitel immer tiefer hinein in die Schichten der Erde. Vor allem Dantes “Göttliche Komödie” hat es Kroonenberg angetan, denn:

Dante bietet uns so viele Einzelheiten, … so viel Geologie und Landschaftsbeschreibung, Wüste und Wasser, Pech, Feuer und Eis, dass wir ihm in diesem Buch folgen werden. Einen besseren Unterweltreiseführer als den von Dante kann man sich gar nicht wünschen.

Zunächst stellt sich die Frage, wo sich der Eingang zur Hölle auf Erden befindet. Gibt es einen realen Ort, auf den die Hinweise bei Dante, Vergil, aus der Bibel oder der Odyssee passen könnten? Und welche Flüsse verbergen sich hinter den Beschreibungen des Acheron und des Styx, die man überqueren muss, um in die Unterwelt zu gelangen? Kroonenberg sucht in Jerusalem, in Griechenland und bei Neapel und erklärt nebenbei Phänomene wie Vulkanismus, die Entstehung von Tropfsteinhöhlen und die Plattentektonik.

In den klassischen Texten von Platon und Aristoteles folgt Kroonenberg der Geschichte der Natur-Erforschung und stellt ihnen aktuelle Erkenntnisse gegenüber. So entsteht ein Überblick darüber, wie sich das Wissen um Astronomie und Geologie im Laufe der Jahrtausende erweitert hat und wie es sich in Mythen und literarischen Texten niederschlug. Auf jeder Etappe dieser Reise gibt es Spannendes zu entdecken: von der Entstehung der Erzlagerstätten zur höllischen Arbeit der Bergleute, von den Ölquellen Bakus zu den Gefahren bei der Offshore-Ölförderung. Den Beschreibungen eigener geologischer Exkursionen folgen Erklärungen der dort vorgefundenen geologischen Phänomene.

Besonders faszinierend ist das Kapitel über Jules Vernes Roman Reise zum Mittelpunkt der Erde von 1864. Kroonenberg schaut sich die geologischen Verhältnisse auf Island an und stellt fest, dass Verne die wissenschaftliche Fachliteratur seiner Zeit sehr gut kannte und viele seiner Beschreibungen auf reale Orte und geologische und mineralogische Phänomene passen. Die wissenschaftlichen Diskurse findet ihren Niederschlag im Roman, wie z.B. die Debatte darüber, ob der Erdkern fest oder flüssig ist.

Bis heute ist es unmöglich, tiefer als 12 km in den Erdkern vorzudringen und Gewissheit über den Aufbau des Inneren zu erlangen. Mit Hilfe indirekter Methoden wie z.B. von Seismographen aufgezeichneten Erdbebenwellen lassen sich aber Rückschlüsse darüber ziehen. Während der Erdkern bei Dante noch aus Eis bestand, steht heute fest, dass es einen flüssigen äußeren und einen festen inneren Kern gibt und dass dort Temperaturen von ca. 4.000 bis 7.000 Grad Celsius herrschen.

Für Salomon Kroonenberg ist die geologische Geschichte sehr wichtig, da die Erde auch ein Archiv der menschlichen Geschichte darstellt. Um so mehr bedrückt ihn die Zerstörung und Ausbeutung dieses natürlichen Archivs, denn “die Erde ist ihr eigenes Geschichtsbuch, und wir besitzen nur ein Exemplar.” Viele Informationen sind bereits unwiderruflich zerstört. Umso wichtiger sind Bücher wie dieses, denn hier werden Informationen festgehalten!

Mit seinem Buch Warum die Hölle nach Schwefel stinkt gelingt es dem Autor, Ehrfurcht zu wecken für dieses kostbare Archiv. Es ist eine Mischung aus Kulturgeschichte, Reisebeschreibung und Geologie. Kroonenberg erzählt lebendig und begeisternd und weckt zugleich Lust auf die Lektüre der zitierten Klassiker. Abgerundet wird dieser Band durch wunderbare künstlerische Darstellungen, Fotos und Abbildungen zur Erläuterung der Geologie. Schade, dass es nicht mehr Bücher dieser Art gibt!

Salomon Kroonenberg: Warum die Hölle nach Schwefel stinkt – Eine geologische Höllenfahrt
Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke
Primus Verlag / wbg 2013, 272 Seiten mit mehr als 100 Abbildungen
ISBN 978-3-86312-057-3
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2 Kommentare

  1. Das klingt ja spannend! Wieso entdecke ich diesen Beitrag erst jetzt? :-) Liebe Grüße!

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