Tim Flannery: Auf Gedeih und Verderb

Cover Flannery Gedeih und Verderb

© S. Fischer

Der Mensch und die Erde sind Auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden. Umso schlimmer ist es, dass wir die Erde auf vielfältige Weise schädigen und damit unseren Untergang herbeiführen, so der Tenor des 2011 erschienenen Buches von Tim Flannery.

Der australische Zoologieprofessor und Klimaexperte schildert darin die geologische Geschichte der Erde, auf der sich vor Milliarden von Jahren allmählich die Bedingungen für Leben entwickelten. Besonders auf der Erdkruste haben sich zahlreiche Lebensformen angesiedelt:

Das Leben nutzt die Erdkruste als eine Art großes Felsgehäuse oder Skelett, das es sich selbst geschaffen hat und mit dem es auf Gedeih und Verderb verankert ist. Dieses Gehäuse erlaubt das Recycling von Elementen, die das Leben für seinen Fortbestand benötigt, und gleichzeitig dient es als Keller, in dem giftige Elemente sicher gelagert werden. Die Meere und Gewässer sind der Blutkreislauf des Lebens, sie versorgen das Ganze mit Nährstoffen, Wärme und Elementen, während das erstaunlichste Produkt des Lebens, die Atmosphäre, es behütet, nährt und kleidet.

Die Erde ist gemäß der Gaia-Hypothese von James Lovelock, auf die Flannery sich bezieht, ein lebendiger, sich selbst regulierender Organismus, dessen verschiedene Ökosysteme sich einst im Gleichgewicht befanden. Erst durch die Menschheit wurde dieses komplizierte Gleichgewicht geschädigt. Symbiotische Bindungen wurden auseinander gerissen, Lebensräume zerstört, Arten ausgerottet. Verantwortlich dafür sind unsere Wanderungen über die Kontinente und die Entstehung der Landwirtschaft. Im 20. Jahrhundert kamen auch noch zahlreiche Umweltgifte und die Verwendung von Atomwaffen hinzu und fügten dem System Gaia und dessen Flora und Fauna weiteren Schaden zu.

Ist das nun ein Grund zur Resignation oder hat die Menschheit eine Chance, das Ruder noch herumzureißen? Um dies zu beurteilen, nimmt Flannery Lovelocks Gaia-Hypothese und die Medea-Hypothese des Paläontologen Peter Ward als Ausgangspunkte. Sind wir eher egoistisch und zerstörerisch (Medea) oder kooperativ und vorausschauend (Gaia)? Auch Charles Darwins Evolutionstheorie, Alfred Russel Wallace’ Betrachtungen zur Evolution und Richard Dawkins’ These vom egoistischen Gen fließen in seine Analyse ein. Ähnlich wie bei Ameisen- oder Bienenstaaten ist auch die Menschheit laut Flannery in Superorganismen strukturiert, Zivilisationen, die sich allmählich zu einem einzigen globalen Superorganismus vereinen. Dieser Superorganismus hat inzwischen die Atmosphäre des Planeten nachhaltig verändert und den Klimawandel in Gang gesetzt. Sorge bereitet ihm auch das Problem der Überbevölkerung, weshalb in Zukunft nachhaltigere Formen der Landwirtschaft benötigt werden, um die wachsende Erdbevölkerung zu ernähren.

Einen Rest Optimismus hat sich Tim Flannery  dennoch bewahrt. Überall sieht er Zeichen der Hoffnung, die Bereitschaft zu mehr Naturschutz, Nachhaltigkeit und Verzicht. Er setzt darauf, dass sich der Kampf gegen den Klimawandel als erfolgreich herausstellen wird. Diesem Thema widmete er sich auch in seinen Werken Wir Wettermacher von 2006 und Die Klimawende von 2015.

Auf Gedeih und Verderb ist eine engagierte Darstellung der Konsequenzen menschlichen Handelns, in der Zusammenhänge aus der Geologie, Evolutionstheorie und Geschichte schlüssig und nachvollziehbar beschrieben werden. Wie wird das Pendel in Zukunft ausschlagen?

Tim Flannery: Auf Gedeih und Verderb – Die Erde und wir: Geschichte und Zukunft einer besonderen Beziehung
Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer
S. Fischer Verlag 2011, 368 Seiten
ISBN 978-3-10-021114-9

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4 Kommentare

  1. hm, das Prinzip Hoffnung reicht wohl nicht aus, um den Superorganismus zu stoppen … super im Sinne von super destruktiv … Ich wundere mich immer wieder über den Optimismus…. scheint dann doch das Gleiche zu sein wie Hoffnung.

    • Ich bin da auch eher skeptisch. Kürzlich auf der UN-Klimakonferenz in Paris gab es ja wieder einmal Anlass zur Hoffnung im Kampf gegen den Klimawandel. Erstmals herrschte große Einigkeit über die Ziele. Wir können gespannt sein, ob die Beschlüsse umgesetzt werden.

  2. Das Cover sieht ja wirklich einladend aus, bin aber etwas skeptisch ob das Thema für ein Buch nicht zu weit gefasst ist: Immerhin, an der Geologie können wir kratzen, aber nicht wirklich etwas ändern.
    Wir Wettermacher steht hier leider immer noch ungelesen… vielleicht sollte ich einfach mal…. ;-)

    • Ich fand die Argumentation von Flannery gut nachvollziehbar. Aber sein damaliger Bestseller “Wir Wettermacher” lohnt sich sicher auch.

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