Gianumberto Accinelli/Serena Viola: Der Dominoeffekt oder Die unsichtbaren Fäden der Natur

Cover Accinelli Dominoeffekt

© S. Fischer Sauerländer

Spinnenseide ist äußerst elastisch und robust. Um mehr über ihre Eigenschaften herauszufinden, schickten Forschende der NASA 1973 die Spinnen Anita und Arabella ins Weltall. Sie wollten wissen, ob die Spinnen auch in der Schwerelosigkeit ihre Netze weben konnten – es gelang! Spinnenfäden inspirieren zu vielen technischen Anwendungen, zum Beispiel bei der Konstruktion von Brücken oder in Kleidung. Der Spinnenfaden hilft manchen Spinnenarten aber auch beim Überwinden großer Distanzen. Nach dem gewaltigen Ausbruch des Vulkans auf der indonesischen Insel Krakatau im Jahr 1883 war sämtliches Leben auf der Insel vernichtet. Neun Monate später entdeckten Forschende das erste Lebewesen auf der Insel – eine Luftlandespinne. Die Spinne hatte einen langen Faden gesponnen, der vom Wind ergriffen wurde. Mit dem Wind ließ sich die Spinne auf die abgelegene Insel tragen. Diese Schwebetechnik nennt sich Ballooning.

Ein ganzes Netz von Fäden spinnt das Kindersachbuch Der Dominoeffekt oder Die unsichtbaren Fäden der Natur. Der Ökologe und Insektenforscher Gianumberto Accinelli und die Illustratorin Serena Viola haben 18 spannende Geschichten zusammengetragen. Sie erzählen Kindern ab neun Jahren von den besonderen Fähigkeiten vieler Lebewesen, den riskanten Eingriffen des Menschen in die Natur, und von Tieren, die Geschichte schrieben.

Dominoeffekte Bei ihren Reisen um die Welt transportierten die Menschen oft fremde Tier- und Pflanzenarten, teils zu ihrem Nutzen oder Vergnügen, teils unbeabsichtigt. Einige dieser fremden Arten zerstörten das natürliche Gleichgewicht ihres neuen Lebensraums. Sie breiteten sich unkontrolliert aus, brachten unbekannte Krankheiten mit und schädigten andere Arten. Die Menschen versuchten alles wieder ins Lot zu bringen – und lösten damit Dominoeffekte aus, die kaum zu stoppen waren.
Während der Kolonialzeit, im 19. Jahrhundert, brachten Engländer die Kaktusfeige nach Australien, denn auf dieser Pflanze lebt die Koschenille-Schildlaus, aus der sich eine herrliche rote Farbe gewinnen lässt. Doch schon bald breitete sich der stachelige Kaktus auf dem ganzen Kontinent aus, überwucherte Straßen und vernichtete große Acker- und Weideflächen. Selbst Arsenoxid, ein starkes Gift, war wirkungslos. Erst als Insektenforscher aus Südamerika, der Heimat des Feigenkaktus, dessen natürlichen Feind mitbrachten, hatte die Plage ein Ende. Rettung durch die Kaktusmotte!

Natur und Geschichte Das Buch ist voller skurriler und zugleich lehrreicher Geschichten. Wir erfahren, warum der Mistkäfer als australischer Nationalheld gilt, wie Schafswolle die Samen exotischer Pflanzen rund um die Welt verbreitet und wie Bienen Honig herstellen. Wir treffen auf eigensinnige Katzen, intelligente Schweine und erfinderische Kraken. Überall in der Natur gibt es fantastische Fähigkeiten zu bewundern. Und manchmal haben Tiere sogar die Geschichte der Menschen beeinflusst. So spinnt Accinelli einen Faden vom Orientierungssinn der Felsentaube zur Geschichte der Brieftaube G.I. Joe, welche im Zweiten Weltkrieg mit einer Nachricht den Angriff amerikanischer Truppen auf die eigenen Soldaten verhinderte. Dafür wurde G.I. Joe in Oklahoma ein Denkmal gesetzt.

Fazit Mit viel Witz und Dramatik erzählt Gianumberto Accinelli von den komplizierten Verflechtungen in der Natur. Dezent betont er die Bedeutung von Wissenschaftlern, vor allem Insektenforschern, bei der Aufklärung vieler Rätsel. Die hübschen Illustrationen der Künstlerin Serena Viola passen wunderbar dazu, fantasievolle und exakte Tier- und Pflanzenmotive, vorwiegend in gedeckten Farben. Ein hauchdünner Faden zieht sich von Seite zu Seite durch das gesamte Buch. Auf ihrer Website sind einige illustrierte Seiten aus der italienischen Ausgabe zu sehen. Dem Autorenteam ist ein großartiges Kinderbuch gelungen, das spielerisch die großen Zusammenhänge in der Natur zeigt – ein Lesevergnügen für Groß und Klein!

Wissensbuch des Jahres 2017 in der Kategorie Perspektive

Gianumberto Accinelli/Serena Viola: Der Dominoeffekt oder Die unsichtbaren Fäden der Natur
Aus dem Italienischen von Ulrike Schimming
Fischer Sauerländer Verlag 2017, 136 Seiten
ISBN 978-3-7373-5471-4
Leseprobe
für Kinder ab 9 Jahren

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Rezension für bild der wissenschaft und wissenschaft.de

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6 Kommentare

  1. Das scheint mir ein Buch zu sein, aus dem nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene viel lernen können … Und die Illustrationen sind in der Tat ganz reizend.

  2. Hört sich ganz toll an. Lebendige Wissensvermittlung! So soll es sein!

  3. Der Dominoeffekt hier ist doch wohl, dass ein interssantes Buch zu noch mehr Themen führt, die unbedingt gelesen werden wollen… och menno! Aber danke!

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