Russ Hodge/Kat Menschik: Lebenskünstler

Buchcover Lebenskünstler von Russ Hodge und Kat Menschik

Galiani

Warum besitzen Schleiereulen so ein perfektes Gehör? Wie funktioniert die Tarnung bei Tintenfischen? Und wie überstehen Bärtierchen die widrigsten Lebensbedingungen, von klirrender Kälte über Radioaktivität bis zu langen Dürreperioden? Der Wissenschaftsjournalist und Wissenschaftskommunikator Russ Hodge porträtiert in seinem unterhaltsamen Buch Lebenskünstler vierzehn Tiere mit besonderen Fähigkeiten.

Das Buch ist aufgebaut nach Lebensräumen: Tiere in der Unterwelt (Erdboden und Höhlen), in Gewässern, zu Land und in der Luft. Jedes der 14 Kapitel widmet sich einer Tierart und ihrer Erforschung. Hodge erzählt zum Beispiel von Eisfischen in der Antarktis, die dank Antifrost-Molekülen im Blut die Kälte ertragen. Von der fantastischen Regenerationsfähigkeit des Axolotl, dessen Gliedmaßen nach einem Verlust wieder nachwachsen. Und von Grizzlybären, die kaum Muskelmasse verlieren, während sie Winterschlaf halten. Es geht um die evolutionären Faktoren, die diese Tiere so besonders machen und um die Unterschiede zwischen ihnen und uns.

Auch die Menschen, die sich diesen Tieren widmen, sind für den Autor von Interesse. Er befragte Expertinnen und Experten in aller Welt nach ihrem Werdegang, ihrer Motivation und natürlich nach ihren Tierprojekten. So lernen wir auch etwas über den aktuellen Forschungsstand in der Genetik, Verhaltensbiologie und Regenerationsforschung und über die Konzeption und den Ablauf der kniffligen Experimente im Feld und in den Laboren.

Russ Hodge wirft spannende Fragen auf. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es in den genetischen Bauplänen? Welche tierischen Fähigkeiten könnten der Humanmedizin nutzen? Können wir vom Axolotl lernen, wie sich geschädigte Zellen regenerieren? Sollten wir regelmäßig fasten wie der unterirdisch lebende Nacktmull? Eine der Gesprächspartnerinnen war die amerikanische Kardiologin Barbara Natterson-Horowitz, deren Buch Wir sind Tier (zusammen mit Kathryn Bowers) ich vor einigen Jahren hier im Blog empfohlen habe (Wissensbuch des Jahres 2015). Sie interessiert sich für Giraffen, die trotz ihres hohen Blutdrucks nicht an Herzerkrankungen leiden – anders als viele Menschen. Wenn die Gründe dafür besser verstanden würden, könnte das bei der Behandlung von Krankheiten helfen.

Trotz ihrer Talente sind diese Lebenskünstler gefährdet, durch den Verlust ihres Lebensraums oder den Klimawandel. Das macht Hodge in seinen Porträts immer wieder deutlich. Für die Illustrationen in dem großformatigen Buch war die Berliner Illustratorin Kat Menschik zuständig. Auf ganzseitigen Bildern zeigt sie die Tiere in ihrer natürlichen oder von Menschen geprägten Umwelt, verspielt und in erdigen Farben. Ergänzt wird der Text auch durch kleine Infografiken. Eine gelungene Kombination von Text und Bildern.

Mit dem Text habe ich allerdings manchmal gehadert. In manchen Kapiteln des Buches fehlte mir der Rote Faden. Artbeschreibung, Erkenntnisse aus der Forschung und die Karrieren und Projekte der Forschenden gingen durcheinander. Einiges fand ich belanglos, anderes hätte ich mir ausführlicher gewünscht, vor allem wenn es um Genetik ging. Außerdem habe ich Quellenangaben, ein Glossar der Fachbegriffe und ein Verzeichnis der erwähnten Personen vermisst. Trotz der Kritik ist das Buch eine Bereicherung, denn es gibt viel Neues über die beschriebenen Arten zu lernen. Die Unterschiede und Parallelen zu uns Menschen sind faszinierend!

Russ Hodge:
Lebenskünstler – Von frostfesten Fischen, radioaktivitätsresistenten Bärtierchen und selbstheilenden Amphibien
Aus dem Englischen von Stefan Wildess
Galiani Verlag 2024, 240 Seiten mit Illustrationen von Kat Menschik
ISBN 978-3-86971-309-0
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