Unser Wissen über Dinosaurier ist geprägt durch überkommene Vorstellungen, falsche Rekonstruktionen und irreführende Auftritte in der Popkultur. Unverdrossen transportiert vor allem das Kino, mit Blockbustern wie den Jurassic Park-Filmen, bis heute ein Zerrbild der Urzeit-Tiere. Es dominieren riesige, laut trampelnde, aggressive Fleischfresser. Dabei ist die Wissenschaft schon viel weiter. Zeit für ein Buch, das mit all dem Quatsch aufräumt! In seinem unterhaltsamen Buch Ausgestorben um zu bleiben – Dinosaurier und ihre Nachfahren klärt der renommierte Sachbuch- und Romanautor Bernhard Kegel auf über die vielen Irrtümer und den gegenwärtigen Stand der Dinosaurier-Forschung.
Die meisten Dinosaurier waren friedliche Pflanzenfresser, und nur ein Teil von ihnen erreichte so gigantische Ausmaße wie der Brontosaurus oder der Diplodocus. Bis heute ist erst ein Drittel aller Arten identifiziert. In der öffentlichen Wahrnehmung herrscht jedoch ein Ungleichgewicht zugunsten großer Arten. Fossilien dieser Titanen werden häufiger gefunden als Fossilien kleinerer Arten. Denn große Knochen fossilisierten leichter und sind besser erhalten, wie Kegel erläutert. Doch neue Funde verändern allmählich das Bild. Neben den Dinosauriern, den landlebenden Reptilien, lebten im Erdmittelalter auch faszinierende Fischsaurier und Flugsaurier, die im Buch natürlich auch behandelt werden.
Saurier dominierten das Leben über einen Zeitraum von 170 Millionen Jahren während des Erdmittelalters, des Mesozoikums, doch nicht alle existierten zur gleichen Zeit. In Filmen tauchen hingegen Arten zusammen auf, die in der Realität durch Kontinente oder Jahrmillionen getrennt waren. Mit einem Massenaussterben vor 66 Millionen Jahren endete das Zeitalter der Saurier.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entdeckte Mary Anning an der südenglischen Küste die ersten Ichthyosaurier- und Plesiosaurier-Knochen. Damit begann die Saurier-Forschung. Bernhard Kegel berichtet von den ersten bedeutenden Funden, von exzentrischen Forschern und ihren Kontroversen, vom Wettkampf amerikanischer Fossiliensucher bis hin zu den Entdeckungen gefiederter Dinosaurier wie dem Sinosauropteryx im heutigen China. Diese neueren Funde stellten bisherige Erkenntnisse zur Evolution der Vögel auf den Kopf. Eins ist inzwischen sicher: unsere heutigen Vögel sind direkte Nachfahren der zweibeinigen Theropoden, einer Gruppe, der auch Tyrannosaurus Rex und Velociraptor angehörten. So erklärt sich auch der Buchtitel Ausgestorben um zu bleiben. Denn in den Vögeln lebt das Erbe der Dinosaurier weiter! Ja, es gibt sogar eine Knochensubstanz bei weiblichen Vögeln – sogenannte medulläre Knochen, die inzwischen auch bei Dinosauriern nachgewiesen wurden.
Besonders interessant fand ich Kegels Überlegungen zur Ernährung und Verdauung. Wie schafften es 80 Tonnen schwere Sauropoden, satt zu werden? Wie spalteten sie die Giftstoffe von Koniferen auf? Und welche Mengen Kot produzierten diese Giganten? Kegel kommt auf 1,5 Tonnen pro Tag! Nach wochenlanger Fermentation im Darm wurden riesige Dunghaufen abgesetzt – und das Festmahl für eine Vielzahl von Insekten begann.
Bernhard Kegel liefert uns in Ausgestorben um zu bleiben einen fundierten Überblick über die Urzeit-Lebewesen und ihre Faszination auf uns Menschen. Ein Buch, das nie langweilig wird dank des mitreißendes Stils und seiner originellen Bezüge zur Kulturgeschichte. Zur Veranschaulichung tragen zahlreiche Schwarz-Weiß-Abbildungen bei. Darauf sind bedeutende Fossilien, berühmte Gemälde, wissenschaftliche Skizzen und Exponate aus verschiedenen Museen zu sehen. Ein tolles Buch, das schlauer macht!
Bernhard Kegel: Ausgestorben um zu bleiben – Dinosaurier und ihre Nachfahren
DuMont Verlag 2018, 270 Seiten mit 55 Abbildungen in schwarz-weiß
ISBN 978-3-8321-9870-1 gebunden
ISBN 978-3-8321-6495-9 Taschenbuch
Leseprobe
Nominiert als Wissensbuch des Jahres 2018 in der Kategorie Überraschung
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Steht ganz oben auf meiner Sachbuchwunschliste! :-)
Hoffentlich nicht mehr lange :)
Hallo,
auf diesen Blog sind wir durch die Auszeichnung „Buchblog-Award 2018“ aufmerksam geworden. Herzlichen Glückwunsch.
Eine interessante Rezension, man lernt nie aus, da glaubt man, schon alles mögliche über Dinosaurier zu wissen …
Danke für die Glückwünsche! Über Dinosaurier wird es sicher dank der ergiebigen Fundstellen in China und anderswo auch in Zukunft neue Erkenntnisse geben. Ich bin gespannt!
Wenn ich an Dinos denke, dann denke ich immer an Krokodile und Krokodil schmeckt wie Hühnchen, also Vogel… Wie wohl Dinosaurier schmecken würden? Aber keine Panik, als rein geistige Nahrung würden sie mir wohl vorerst reichen! ;-)
Über den Geschmack von Dinosauriern habe ich noch nie nachgedacht :)