Hugh Aldersey-Williams: Das wilde Leben der Elemente

Cover Aldersey-Williams Elemente

(c) dtv

Das wilde Leben der Elemente ist kein Chemiebuch im herkömmlichen Sinne. Wer etwas über den Aufbau des Periodensystems lernen möchte, ist hier falsch. Dem Autor geht es vielmehr um die Bedeutung der chemischen Elemente in unserer Geschichte und Kultur. Es ist eine Sammlung von vierzig “Periodic Tales”:

Geschichten über Entdeckungen und Entdecker; Geschichten über Rituale und Werte; Geschichten über Ausbeutung und Feste; Geschichten über Aberglauben und Wissenschaft.

Es ist gar nicht so einfach, diese Geschichten auf einen Nenner zu bringen, da sie sich mit so vielen verschiedenen Aspekten der Chemie beschäftigen. Anfangs fehlte mir beim Lesen der rote Faden. Da half auch die Einteilung in fünf Themenkomplexe nicht viel: Macht, Feuer, Handwerk, Schönheit und Erde. Nachdem ich aber die Suche nach einer Struktur aufgegeben habe und einfach die Geschichten auf mich wirken ließ, konnte ich die Lektüre genießen.

Hugh Aldersey-Williams hat schon als Kind begonnen, Proben der chemischen Elemente zusammenzutragen, um sie besser verstehen zu können. Nach dem Studium der Naturwissenschaften haben ihn aber die bildenden Künste in ihren Bann gezogen. In seinen Büchern und den Ausstellungen, die er als Kurator betreute, ist es ihm gelungen, seine beiden Leidenschaften Wissenschaft und Kunst zu vereinen.

In diesem Buch geht er der Frage nach, wie sich die kulturelle Bedeutung der Elemente im Laufe der Geschichte verändert hat. Was einst als wertvoll galt, ist durch andere „modernere“ Elemente verdrängt worden, z.B. Gold versus Platin. Elemente mit einem schlechten Ruf wie Schwefel, welches auch für Hölle und Verdammnis steht, kommen auch in unseren Nahrungsmitteln und unserem Körper vor.

Die meisten Elemente sind nützlich und schädlich zugleich. Eisen wird für Waffen benötigt und diente auch als Grundpfeiler der Industrialisierung. – Viele Materialien brachten die Kultur voran: Cadmium löste einen wahren Farbenrausch bei den Künstlern des 19. Jahrhunderts aus, Kupfer half beim Aufbau der Stromnetze und verbesserte die Kommunikationsmöglichkeiten, Titan sorgte für neue Impulse in der Luftfahrtindustrie.

Viele Elemente wurden zunächst leichtfertig als Heilmittel verwendet, bis man ihre Giftigkeit erkannte, so zum Beispiel bei Quecksilber und Radium. Arsen wurde eine Zeit lang zur Herstellung grüner Tapetenfarbe verwendet und ist daher für viele ungeklärte Todesfälle, vielleicht sogar für den Tod von Napoleon verantwortlich. Die Lektüre eines populären Krimis von Agatha Christie, in dem Thallium als Gift eingesetzt wurde, half Vergiftungen zu erkennen und Mordversuche zu vereiteln. Und wer hätte gedacht, dass Plutonium als homöopathisches Heilmittel (wahrscheinlich in extremster Verdünnung) angeboten wird?

Als die Edelgase von William Ramsay entdeckt wurden, benötigte man sogar eine neue Spalte im Periodensystem. Mithilfe neuer Technologien wie der Spektroskopie konnten viele neue Elemente entdeckt und z.B. festgestellt werden, dass Helium auch auf der Erde und nicht nur in der Sonne vorkommt.

Diese und weitere interessante Informationen hat Hugh Aldersey-Williams in spannende Geschichten verpackt, die man am liebsten mehrmals lesen möchte, um auch wirklich alle Aspekte erfassen zu können!

Am Ende der Lektüre steht fest, dass die Elemente überall zu finden sind, auch wenn es nicht immer einfach ist, sie zutage zu fördern. Sie sind auf und unter der Erde, im All, in unserem Körper – sie sind fest in unserer Kultur und unserem Alltag verankert. Sie sind lebensnotwendig für unsere Existenz, sie sind elementar! Vor allem sind sie nach der Lektüre dieses Buches sinnlich erlebbar und nicht mehr abstrakt!

Hugh Aldersey-Williams: Das wilde Leben der Elemente
Aus dem Englischen von Friedrich Griese
dtv 2013
ISBN 978-3-423-34768-6
Hanser Verlag 2011
ISBN 978-3-446-42686-3

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7 Kommentare

  1. Das klingt echt toll! Gerade anhand von solch anschaulichen Geschichten kann jedermann sich auf schnellstem und einprägsamsten Wege mit Naturwissenschaften vertraut machen.
    Eine tolle Empfehlung!
    :)

  2. Marlis Treder

    Ein sehr schöner Kommentar zu einem interessanten Buch, sehr anregend, verständlich geschrieben und aussagekräftig. Vielen Dank Petra Wiemann.
    Marlis Treder

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