Robert L. Kelly: Warum es normal ist, dass die Welt untergeht

Cover Kelly Warum Welt untergeht

© wbg Theiss

Die Welt geht nicht unter! Der Weltuntergang ist auch nicht Thema des Buches Warum es normal ist, dass die Welt untergeht. Vielmehr beschreibt der Archäologe und Anthropologe Robert L. Kelly die zentralen Wendepunkte im Laufe von sechs Millionen Jahren Menschheitsgeschichte. Diese geben ihm Anlass zu einem optimistischen Blick in unsere Zukunft. Von Weltuntergang also keine Spur!

Wie hat sich die Menschheit von der Evolution der Homininen bis in die Gegenwart entwickelt? Welche Fortschritte haben wir im Wandel der Epochen gemacht? An welchen Funden kann die Archäologie diese Veränderungen festmachen? Kelly demonstriert am Beispiel von Ötzi, der Mumie aus der Jungsteinzeit, welche Erkenntnisse Archäologen aus dessen Hinterlassenschaften über den Menschen und seine Epoche gewannen. Dann wendet er sich der Menschheitsgeschichte zu. Folgende Umbrüche beschreibt Kelly in seinem locker erzählten Buch:

  1. Umbruch: ein Meilenstein in der Evolution der Primaten war der aufrechte Gang. Dies ermöglichte unseren Vorfahren den Gebrauch von Technologie, also Werkzeugen und Waffen, und erlaubte die Nutzung des Feuers.
  2. Umbruch vor 50.000 bis 20.000 Jahren: die Befähigung zur Kultur. Dazu zählen die Verwendung von Schmuck und Symbolen, z.B. religiöse Zeichen, der Gebrauch von Metaphern und Analogien, und die Kommunikation mittels der Sprache.
  3. Umbruch: die Suche nach zuverlässigen Nahrungsquellen und der Kampf um Lebensraum führten zur Abkehr vom Leben als Jäger und Sammler. Die Menschen begannen, Landwirtschaft zu betreiben, mit gezielter Selektion energiereicher Pflanzen und Tiere und dem Leben in Dörfern.
  4. Umbruch: Immer mehr Menschen zog es in die Städte. Damit gewannen staatliche Organisationen an Bedeutung und lösten verwandtschaftliche Netzwerke ab. Hierarchien etablierten sich, mit stärkeren Unterschieden zwischen Arm und Reich. Organisierte Kriege waren die Konsequenz im Kampf um neue Herrschaftsgebiete und Güter.

Zu den Auslösern für die enormen Veränderungen zählte immer auch das Wachstum der Weltbevölkerung – bis zu einer kritischen Grenze, als Nahrung und Lebensraum knapp wurden. Mittlerweile sind wir mittendrin in der fünften Umbruchphase. Und wieder führt ein starker Anstieg der Weltbevölkerung zu einer Ressourcenverknappung. Der Planet wird hemmungslos ausgebeutet. Ein Untergang der Welt, wie wir sie kennen, steht bevor.

Robert Kelly ist überzeugt, dass wir auch den gegenwärtigen Umbruch bewältigen werden. Denn wir sind lernfähig und können es besser zu machen als unsere Vorfahren. In Zukunft, meint Kelly, entscheiden nicht unsere Technologien, sondern die Organisationsformen. Eine stärkere Kooperation mit anderen Ländern und Kontinenten wird an die Stelle der Konkurrenz treten. Der Preis für Kriege ist in Zukunft zu hoch. Vielleicht entwickeln wir uns zu einer Gemeinschaft der Weltbürger unter einer gemeinsamen Regierung, spekuliert der Autor.

Ich bin skeptisch, ob ich den Optimismus und die Zukunftsvision des Autors teilen kann. Die Lektüre seines Buches Warum es normal ist, dass die Welt untergeht fand ich dennoch sehr anregend! Robert Kelly ist ein amüsanter Erzähler, der die Geschichte der Menschheit in groben Linien erzählt und mit zahlreich Anekdoten aus dem Forscheralltag auflockert. Mich fasziniert besonders das Spurenlesen des Archäologen in den Hinterlassenschaften der Menschen und seine spannenden Vergleiche zwischen Menschen verschiedener Epochen. Lesenswert!

Robert L. Kelly: Warum es normal ist, dass die Welt untergeht – Eine kurze Geschichte von gestern und morgen
Aus dem Englischen von Cornelius Hartz
Originaltitel: The Fifth Beginning. What Six Million Years of Human History Can Tell Us About Our Future
wbg Theiss Verlag 2020, 224 Seiten
ISBN 978-3-8062-4014-6
Leseprobe

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3 Kommentare

  1. Ich bin ebenfalls skeptisch, aber eine gute Prise Optimismus lockt mich sehr! Danke für den Tipp

  2. Ich weiß nicht. Wenn ich täglich sehe, wie wenig die Menschen bereit sind, sich einzuschränken, kann ich nicht optimistisch sein. Ich habe wenig Hoffnung, dass die Bemühungen ausreichen werden. Nichtsdestotrotz dürfen wir nicht aufgeben.

  3. Deine Skepsis würde ich teilen.
    1970 „Buch: Grenzen des Wachstums“ waren es 3 Mia Erdbewohner, jetzt fast 8 Mia.

    Roslings Buch „Factfullness“ und jetzt auch das Buch von Harald Welzer: „Alles könnte anders sein“ pflegen auch ein sehr optimistisches Bild.
    Obwohl ich das gerne lese, kann ich nicht recht an den positiven Ausgang glauben.

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