Der Urknall – unendliche Zeiten: 13,8 Milliarden Jahre sind vergangen, seit das Universum zu existieren begann. Zwei Drittel des menschlichen Körpers bestehen aus einem Element, das unmittelbar nach dem Urknall entstand: dem Wasserstoff! Auch die anderen 20 wichtigsten Bausteine, aus denen wir zusammengesetzt sind, stammen aus der kosmischen Frühzeit. Es ist der Staub längst verloschener Sterne, erklärt der Wiener Physiker und Sportwissenschaftler Martin Apolin in seinem unterhaltsamen Buch Himmels-Körper. Das Buch verbindet die Geschichte des Universums mit der Physik des menschlichen Körpers.
Mit ein bisschen Grundlagenphysik zum Aufbau der Atome steigt Martin Apolin ein, um uns dann unseren kosmischen Ursprung vor Augen zu führen: vom Urknall über die Entstehung der schweren Elemente bis zur Geburt und dem Tod von Sternen. Das Ganze ist leicht gewürzt mit Kernfusionen und quantenmechanischen Effekten.
Die häufigsten Elemente im menschlichen Körper sind die Big Six: Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Calcium und Phosphor. Bei allen Körperfunktionen werden sie gebraucht. Von diesen elementaren Bausteinen leitet der Autor geschickt über zu unseren Sinnen und der Physiologie des Körpers. Dass der überhaupt zusammenhält, verdanken wir vor allem der elektrischen Kraft – im permanenten Kampf gegen die Entropie, dem Hang aller Materie zur Unordnung.
Mit Physik erklärt Apolin, wie unsere Muskeln arbeiten und welche Leistung dabei produziert wird: im Grundumsatz sind es 120 Watt pro Tag, das entspricht der Leistung eines Flachbildschirms. Doch bei einem Spitzensportler wurden für einen kurzen Moment sagenhafte 7.300 Watt errechnet! Normalerweise interessieren mich Watt-Angaben nur bei Glühlampen, aber es war richtig spannend, wie physikalische Einheiten auf unseren Körper übertragen wurden! Ich lernte in diesem Buch viele überraschende Dinge, zum Beispiel:
- wie wir es schaffen, uns auf zwei Beinen zu halten und warum wir selbst auf einem Bein nicht umkippen
- wie der Körper auf Temperaturschwankungen reagiert und wieviel Wärmestrahlung wir abgeben
- wie Klänge entstehen, wo bestimmte Vokale im Mundraum erzeugt werden und was die Stimmbänder in Schwingung versetzt
- wie Schallwellen die Kurve kratzen, um ins Gehör zu gelangen
- was unser Gehirn zum „komplexesten Gebilde im Sonnensystem“ macht.
Und wo wir schon beim Gehirn sind: 90 % aller Daten zwischen unseren Sinnen und dem Gehirn werden von den Augen übertragen, denn der Mensch ist ein Augentier, ganz auf die optische Wahrnehmung fixiert!
Was den Autor sympathisch macht, ist sein endloses und ansteckendes Staunen über das Wunder Leben und die komplexen Bedingungen, die es ermöglichen. Und natürlich stellt er die Frage, ob dieses Wunder sich auch auf anderen Planeten in den Weiten des Universums wiederholen könnte. Denn der Sternenstaub ist ja überall verteilt.
Ich kenne bereits einige Bücher, die unsere enge Verbindung mit dem Sternenstaub erläutern, zum Beispiel Das Universum in dir von Neil Shubin und Glück gehabt! von Olaf Fritsche. Doch hier habe ich außerdem faszinierende Details zur Biophysik unseres Körpers erfahren. Das Vokabular der Physik wird durch viele plastische Beispiele aus dem Alltag mit Leben erfüllt!
Himmels-Körper ist eine erfrischende Kombination aus Physik, Kosmologie und Biologie. Alles wird leicht verständlich und mit viel Witz präsentiert. Viele Tabellen und die Zeichnungen von Janosch Slama verdeutlichen das im Text Beschriebene. Und wer es ganz genau wissen möchte, findet im Anhang des Buches zahlreiche Hintergrundinfos mit Formeln und Berechnungen. Ein Buch voller himmlischer Erkenntnisse :-)
Martin Apolin: Himmels-Körper – Der Mensch, das Universum und der ganze Rest
Ecowin Verlag 2020, 264 Seiten
ISBN 978-3-7110-0255-6
Die Zeichnung auf dem Bild gefällt mir ausnehmend gut, fast ein bisschen wie Mind-Mapping.
Ich werde mir den Titel auf jeden Fall notieren. Danke dafür!