Peter Henning: Mein Schmetterlingsjahr

Cover Henning Schmetterlingsjahr

© Theiss

Riesige Oleanderschwärmer, Osterluzeifalter, der selten gewordene Schwarze Apollo und andere Schönheiten – sie sind das Ziel von Peter Henning. Ein Jahr lang reist der Kölner Schriftsteller durch Europa auf der Suche nach jenen Schmetterlingen, die auf seiner „Sehnsuchtsliste“ stehen: selten oder noch nie von ihm beobachtete Arten. Die Leidenschaft für die Schmetterlingskunde weckte sein Ziehvater Viktor, der ihn bereits im Alter von sieben Jahren auf Falter-Exkursionen mitnahm. Fünfzig Jahre später ist Henning ihren Geheimnissen noch immer auf der Spur und hat das Staunen über ihre Fähigkeiten nicht verlernt. In seinem Buch Mein Schmetterlingsjahr erzählt er von dieser Reise, die auf der Insel Samos beginnt und durch Italien, Spanien, Kroatien und in verschiedene Alpenregionen führt.

Peter Henning berichtet sehr persönlich von seiner Faszination für die Schmetterlinge, von ihrer Schönheit und Anmut, ihrem geheimnisvollen, von zahlreichen Metamorphosen geprägten Leben, ihrem Variantenreichtum und den unterschiedlichen Charakteren von Art zu Art. Das Beobachten der Schmetterlinge erfordert extrem viel Geduld, da sie sehr schreckhaft sind. Man muss ihre bevorzugten Futterpflanzen und ihren Lebensrhythmus kennen. Hennings jahrzehntelange Übung führte dazu, dass er sie schon an ihren Bewegungen, der Art ihres Flirrens und Flatterns, identifizieren kann!

Für ihn ist es eine meditative Tätigkeit, eng verbunden mit den Erinnerungen an seinen unkonventionellen Ziehvater. Viktor brachte ihm bei, wie man Falter fängt und präpariert; er baute ihm Sammelkästen, zeigte ihm, an welchen Pflanzen die Raupen und Schmetterlinge leben und wie sie gezüchtet werden. Mitten im Schuljahr nahm er den Jungen mit zu Ausflügen in die Nachbarländer, wenn gerade die Flugzeit bestimmter Falter angebrochen war. Die Wissbegier des Jungen war geweckt und hält bis heute an. In seinem Buch Mein Schmetterlingsjahr teilt Henning sein Wissen und Staunen mit dem Leser. Er lässt andere Schmetterlingssucher wie Vladimir Nabokov, dessen Spuren er in den Schweizer Bergen folgt, zu Wort kommen.

Auch über die Umstände der Reise erfahren wir einiges, denn Henning porträtiert die Orte, an denen er sich einmietet, das Essen, das er dort genießt und seine Gastgeber, die er manchmal mit seiner Leidenschaft anstecken kann.

Es ist eine Freude, vom berückend schönen Isabellaspinner oder dem aggressiven Erdbeerbaumfalter zu lesen. Auch über häufige Arten wie den Zitronenfalter, das Tagpfauenauge oder den Admiral kann man in diesem Buch noch etwas Neues erfahren, denn Peter Henning hat gelernt, genau hinzuschauen und die typischen Verhaltensweisen der Schmetterlinge so weit wie möglich ergründet.

Schmetterlingen nachzustellen ist, als jage man flüchtigen Geistern hinterher, kurz aufleuchtenden und rasch wieder verschwindenden Erscheinungen, deren inneres Wesen uns trotz aller Bemühungen verborgen bleibt.

Das Buch wäre perfekt, wenn es auch Fotos oder Zeichnungen der beschriebenen Arten enthielte. Statt dessen ist es mit schwarz-weißen Vignetten geschmückt, die zwar sehr hübsch sind, doch leider haben sie nicht den geringsten Bezug zu den im Text erwähnten Arten – sehr verwirrend! Dennoch ist es eine wunderschöne, in Leinen gebundene und mit Lesebändchen versehene Ausgabe.

Wie schön wäre es, die von Peter Henning beschriebenen Falter einmal zu sehen! Sein Reisebericht schärft die Aufmerksamkeit für die faszinierenden Flatterwesen und verrät uns, wo man sie finden kann! Ein kurzweiliges, informatives und zugleich persönlich gefärbtes Buch, das eine Menge interessante Details zur Lebensweise verschiedener Schmetterlingsarten bietet, ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen.

Vielen Dank für den Tipp an Philipp Elph!

Peter Henning: Mein Schmetterlingsjahr – Ein Reisebericht
Verlag Theiss 2018, 228 Seiten mit 46 Illustrationen
ISBN 978-3-8062-3687-3
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5 Kommentare

  1. Ich finde es auch enttäuschend, wenn notwendige Fotos fehlen.
    Meine Frau schenkte mir einst ein aktuelles Buch über pflanzliche Intelligenz, in dem nur schwache Zeichnungen zu sehen waren, etwa von Wurzelspitzen und deren Aufbau.
    Wozu gibt es Makrofotos? Aber immerfort diese schwachen Zeichnungen?
    Ich lies das Buch austauschen, die Buchhandlung nahm es zurück.

    • In diesem Fall kann der Text für sich stehen, er ist wirklich lesenswert! Ich war nur verwirrt, dass die Abbildungen, teils alte Kupferstiche oder Zeichnungen von Alexander von Humboldt, nicht zu den Arten passen, die auf der jeweiligen Seite erwähnt werden. Es gibt einen Anhang mit den vorgestellten Arten und einem Abbildungsverzeichnis. Da sieht man, dass die Seitenzahlen nicht übereinstimmen. Schau dir mal die Leseprobe an, sie vermittelt einen guten Eindruck von der schönen Aufmachung.

  2. Das hört sich zwar sehr interessant an, aber ich befürchte, das ist wegen der fehlenden Fotos für mich als „Schmetterlings-Laien“ eher nichts.

    Von der Grundidee her erinnert mich das Buch ein wenig an „Federnlesen“ — und die Vogelbeobachtung ist mir dann doch deutlich näher. Für Schmetterlinge fehlt mir womöglich einfach die Geduld. ;-)

    • Es ist sicher auch eine Frage der Gelegenheit. Als ich noch in der Stadt wohnte, sind mir nur wenige Schmetterlinge aufgefallen, vielleicht gab es dort nicht so viele. Hier in der Pfalz bin ich von vielen Faltern umgeben, finde sie beim Wandern und im Garten und lerne ständig neue Arten kennen. Ich schlage dann auf einschlägigen Seiten oder in Büchern nach, was es sein könnte und freue mich riesig über Erfolgserlebnisse. Daher konnte ich mich gut identifizieren mit vielem, was Peter Henning darüber schreibt.
      Aber Vögel beobachte ich ebenso gern! Rombergs „Federnlesen“ habe ich kürzlich geschenkt bekommen :-)

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