Der nächste Lese-Herbst kann kommen, denn der Nachschub ist gesichert! In meinem ersten Beitrag der Herbst-Vorfreuden für Leseratten habe ich Neuerscheinungen aus dem Bereich der Geschichte vorgestellt. Teil II beschäftigte sich mit neuen Büchern aus der Biologie. Für den dritten Teil habe ich Bücher zum Thema Digitale Gesellschaft ausgesucht, denn so lautet der Schwerpunkt des Wissenschaftsjahres 2014. Im Herbst erscheinen neue Bücher, die sich mit einzelnen Aspekten auseinandersetzen. In der vierten von fünf Runden geht es um das Thema Denken und Wissen.
Wo liegen die Ursprünge des digitalen Zeitalters? George Dyson beschreibt in seinem Buch Turings Kathedrale, wie sich in den 40er Jahren einige brillante Wissenschaftler in Princeton zusammentaten, um geheime Projekte für das Militär zu verwirklichen. Dabei entwickelten sie die Vorformen moderner Computer. Dysons Buch erzählt aus einer spannenden Phase der Wissenschafts- und Technikgeschichte und liefert lebendige Portraits der beteiligten Wissenschaftler, darunter John von Neumann, Alan Turing und Kurt Gödel.
Andrew Keen erklärt das Internet in seinem Buch Das Digitale Debakel für gescheitert! Einige wenige profitieren in gigantischem Stil zum Schaden der großen Nutzergemeinschaft. Arbeitsplätze gehen verloren, die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer, die Demokratie leidet, die Kultur wird trivialisiert und geht den Bach runter, Narzissmus dominiert. Aber dabei muss es nicht bleiben. Keen liebt provokante Thesen.
Die Veränderung der Gesellschaft durch die Digitalisierung zieht auch eine Analoge Revolution nach sich, erklärt Christian Schwägerl. Wir Menschen verändern uns, wir kommunizieren anders, wir denken und planen anders als früher. Datenbrillen und 3-D-Drucker bieten neue schöpferische Möglichkeiten. Die Grenzen zwischen Natur und Technik verschwimmen immer mehr. Wir erschaffen eine “Technatur”. Das Internet erwacht zum Leben und die Natur kommt aus dem Drucker. Durch Nachahmung entsteht etwas völlig neues. Klingt krass!
Mittlerweile dürfte jedem klar sein, dass wir durch unser Medienverhalten zum gläsernen Menschen geworden sind. Nicht nur Konzerne wie Google und Facebook wissen fast alles über uns. Auch die Geheimdienste verschiedener Staaten sind in der Lage, uns auszuspähen. In dem Buch Digitale Diktatur stellen der ehemalige Chefredakteur des Spiegel Stefan Aust und der Journalist Thomas Ammann vor, wer die Akteure dieses globalen Spiels sind und wie wir uns dagegen wehren können.
Auch wer ein zurückhaltendes Mediennutzungsverhalten an den Tag legt, ist vor den Gefahren des Datenmissbrauchs nicht gefeit. Der Informatiker Markus Morgenroth warnt in seinem Buch mit dem reißerischen Titel Sie kennen dich! Sie haben dich! Sie steuern dich! vor der allgegenwärtigen Datensammelwut der Konzerne. Für sogenannte Backgroundchecks werden Daten verschiedener Quellen illegal zusammengeführt. Das Profil, das sich daraus erstellen lässt, kann darüber entscheiden, ob jemanden einen Kredit, eine Wohnung oder einen Job erhält.
Wir sollten akzeptieren, dass unsere Gesellschaft schon längst einen digitalen Kontrollverlust erlitten hat, der nicht mehr rückgängig zu machen ist. So lautet die These des Kulturwissenschaftlers Michael Seemann. Da können wir auch gleich lernen, mit dem Strom zu schwimmen und Das Neue Spiel in unserem eigenen Interesse zu beherrschen. Auf seinem Blog mspr0.de und seinem netzpolitischen Podcast kann sich der Leser schon mal einen guten Überblick verschaffen, wie der Autor selbst das Neue Spiel lebt.
Zwei Bücher, die uns helfen können, unseren Umgang mit den digitalen Medien kritisch zu hinterfragen und uns Lösungen aufzeigen:
Der Tag beginnt für viele von uns schon mit dem Checken von Mails. Das Internet und die sozialen Netzwerke ermöglichen eine permanente Verfügbarkeit. Wir sind für alle erreichbar, aber haben wir jetzt mehr Freunde? Wissen ist erreichbar, aber wissen wir jetzt mehr? Ständiger Input, aber wird das auch irgendwo in uns gespeichert? Das Buch Zum Frühstück gibt´s Apps von Gerald Lembke und Ingo Leipner kann uns helfen, die Fülle der Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen, ohne davon aufgefressen zu werden. Dann bleibt auch genug Zeit für ein Frühstücksei.
Wir können rund um die Uhr einkaufen, kommunizieren, uns informieren, uns mit anderen vernetzen. Zeit erhält eine völlig neue Bedeutung. Weder Zeitzonen noch Öffnungszeiten sind heute relevant. Aber – es gibt auch keine Ruhezeiten mehr. Können wir uns dem noch entziehen? In seinem Buch Die Pausenlose Gesellschaft zeigt Rafael Ball, wie es geht.
Wunderbar! Es gibt also Mittel und Wege, den vielen Risiken der digitalen Gesellschaft zu begegnen. Der erste Schritt ist immer Information – hier mal nicht aus dem Netz, sondern in Form von Büchern!
Alle genannten Bücher sind bereits vorbestellbar bei der Buchhandlung Eures Vertrauens.
Oh, wie viele tolle Tipps zu meinem gerade neu gefundenen Thema. Vielen Dank für den schönen Überblick.
Viele Grüße, Claudia
Das ist ja ein schöner Zufall, dass meine Tipps gerade für dich passen.
Liebe Grüße,
Petra
Und die Liste wächst und wächst …
So ist es, liebe Petra ;-)
Danke für den Überblick. Da sollte man einige davon lesen…
Wolfgang / buchwolf
Stimmt, das betrifft ja schließlich uns alle.
Viele Grüße,
Petra
sehr interessante Auswahl zum Thema, ich glaube, das Buch von Herrn Ball werd ich mal lesen müssen.
Liebe Grüße, Kai
Dankeschön. Zum Glück ist das Lesen von Büchern auch schon eine Form der Entschleunigung ;-)
Liebe Grüße, Petra
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