Sangma Francis/Lisk Feng: Everest

Cover Francis Feng Everest

© NordSüd

Vor 50 Millionen Jahren, als die eurasische und die indische Kontinentalplatte zusammenprallten, entstand der Himalaya mit den höchsten Bergen der Erde. Einer überragt sie alle: der Mount Everest. Die Flora und Fauna dieser Gebirgswelt, ihre menschlichen Bewohner und die Gipfelstürmer aus aller Welt sind Thema des Kinder-Sachbuchs Everest, spannend erzählt von der Kinderbuch-Autorin Sangma Francis und kunstvoll illustriert von Lisk Feng.

Zunächst geben die Autorinnen einen Überblick zur Entstehung und Ausdehnung des Himalayas und zur komplizierten Messung von Berghöhen mithilfe der Triangulation. Im Rahmen der Großen Trigonometrischen Vermessung Indiens wurde auch der Mount Everest erfasst. Dessen einstiger Leiter, Sir George Everest, wurde zum Namensgeber des Berges, doch bei den Tibetern heißt der Berg “Tschomolungma”, Muttergöttin der Erde. Und die Nepalesen nennen ihn “Sagarmatha”, die Stirn des Himmels.

Am Fuße des Mount Everest bis zu einer Höhe von 3.000 Metern existieren mächtige Wälder, eine einzigartige Tierwelt und viele wertvolle Heilpflanzen, die durch den jährlichen Monsunregen prächtig gedeihen. Noch immer werden dort neue Tier- und Pflanzenarten entdeckt, doch durch die Abholzung der Wälder ist dieser Lebensraum in Gefahr. Die Sherpas leben hier noch nach ihren alten Traditionen. Sie kommen bestens in den Höhen zurecht und arbeiten daher häufig als Träger für die Bergsteiger. Auch andere Völker leben an den Flanken des Berges. Der Everest und andere Bergriesen des Himalaya sind ihnen heilig. Auch von ihren Religionen und Mythen erzählt dieses Buch.

Wälder am Fuß des Mount Everest

In der kargen, nährstoffarmen Zone ab 3.000 Metern sind die Lebensbedingungen schon härter. Hier findet man vor allem Moose, Flechten, und kleinwüchsige Pflanzen wie den Kriechwacholder. Auch die Yaks, die genügsamen Lastentiere der Sherpas, weiden hier. Mit ihren großen Lungen und dem dicken Fell sind sie perfekt an die widrigen Bedingungen angepasst. Ganz anders die Bergsteiger, die zum Gipfel des Everest wollen. In dieser Zone errichten sie ihre Basislager, um sich langsam an die Höhenluft zu gewöhnen. Ohne Hilfsmittel, zum Beispiel Kletterausrüstung und Sauerstoffgeräte, kämen die meisten nicht weiter. Daunenjacken, Rucksäcke mit Innenrahmen und weitere Erfindungen wurden extra für das Bergsteigen am Everest entwickelt und perfektioniert.

Die genügsamen Yaks

Oberhalb von 5.400 Metern wird es gefährlich: Gletscherspalten und drohende Lawinen, dichte Wolken oder gleißende Sonne erfordern die volle Konzentration. Über diese Region herrschen gemäß einer tibetischen Sage die Fünf Schwestern des Langen Lebens. Bergsteiger müssen ihnen vor dem Gipfelanstieg Respekt erweisen, denn sie beeinflussen laut der Sage das Wetter am Everest! Eine Karte zeigt den riskanten Weg über den Südsattel, mit dem Hillary Step, über den Sir Edmund Hillary und der Sherpa Tensing Norgay 1953 erstmals auf den Gipfel gelangten.

Die Legende von den Fünf Schwestern

In der Todeszone ab 8.000 Metern herrschen Winde mit einer Spitzengeschwindigkeit von 280 Kilometern pro Stunde. Die Temperaturen können bis zu – 70 Grad sinken. Sangma Francis erzählt vom Kampf des Menschen gegen die Natur, von Rekordhaltern, von Menschenmassen beim Gipfelsturm und Todesfällen. Der Müll, den die Bergsteiger hinterlassen, ist ein großes Problem. Wegen der Kälte kann er dort nicht verrotten und muss mühsam heruntergeschafft werden. Doch selbst in dieser Ödnis gibt es noch Leben. Dort kann man Alpendohlen, Streifengänse und zahlreiche Zugvögel beobachten. Und geologisch ist dieser Bereich besonders interessant. Er besteht aus klar abgegrenzten Formationen verschiedener Gesteinsschichten, deren oberste als Qomolangma-Formation bekannt ist, eine 45 Meter dicke Schicht voller Meeresfossilien.

Everest ist ein fantastisches Buch, das die Bergwelt des Mount Everest in all ihrer Schönheit zeigt, aber auch die Schattenseiten des Bergsteigens und die Bedrohung durch menschliche Eingriffe in die Natur. So regt es Kinder ab 7 Jahren zum Nachdenken an. Ich war beeindruckt von der thematischen Bandbreite des Buches: die Erzählerin Sangma Francis vereint Erdgeschichte, Tier- und Pflanzenwelt und geht auf die Kultur und Religionen der Menschen ein. In gebotener Kürze, und doch ist alles leicht verständlich erklärt. Lisk Feng schafft mit ihren Zeichnungen eine ganz eigene Atmosphäre: schroffe, hart konturierte Berge vor blau leuchtendem Himmel, lächelnde Göttinnen in sanften Blau- und Rottönen, liebevoll porträtierte Lebensformen vor einer kargen Landschaft – einfach wunderschön! Everest eignet sich vor allem für Kinder, die gern in die Ferne schweifen und an geologischen und ökologischen Zusammenhängen interessiert sind.

3. Platz beim Wissensbuch des Jahres 2019 in der Kategorie Perspektive.

Sangma Francis/Lisk Feng: Everest
Aus dem Englischen von Harald Stadler
NordSüd Verlag 2019, 80 Seiten
ISBN 978-3-314-10476-3
Leseprobe
ab 7 Jahren

Beitrag empfehlen

2 Kommentare

  1. Pingback:Vorfreuden für Leseratten I Frühjahr 2019 | Elementares Lesen

  2. Pingback:Wissensbuch des Jahres 2019 – Die Nominierungen | Elementares Lesen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert