Margot Spohn/Roland Spohn: Bäume und ihre Bewohner

Lebenswelt Baum: voller Beziehungskisten

Cover Spohn Baeume

© Haupt

Ein Baum bietet Lebensraum für eine Vielzahl von Organismen. Dort tummeln sich Insekten auf der Suche nach Nahrung und einem Unterschlupf, Vögel, die sich von den Früchten des Baums ernähren, in ihm nisten und ihre Jungen großziehen, Moose und Flechte, die auf ihm wachsen, Pilze, die sein Wurzelwerk umhüllen oder durchdringen. Viele dieser Beziehungen verlaufen zum gegenseitigen Nutzen, andere schädigen den Baum.

In ihrem Buch Bäume und ihre Bewohner porträtieren die Biologin Margot Spohn und ihr Ehemann Roland Spohn 50 einheimische Bäume und Sträucher, darunter Nadelbäume, Laub- und Obstbäume, mit ihren typischen “Beziehungskisten”. Alles ist praktisch geordnet nach Pflanzenfamilien, da sich auf Bäumen derselben Familie aufgrund der ähnlichen Chemie oft auch die gleichen Bewohner finden.

Gelungener Infoteil
Im Infoteil, der den Baumporträts vorangestellt ist, erläutern Autor und Autorin, welch vielfältige Lebensräume ein einziger Baum zu bieten hat: auf und unter der Borke, auf und in den Früchten, den Samen und Blüten, sogar im Holz. Sie erläutern die Symbiose von Bäumen und Pilzen über das Wurzelwerk und bieten einen Einblick in die fantastische Welt der Gallen. Diese Parasiten werden von verschiedenen Insekten produziert und sind in erstaunlicher Vielfalt zu finden, da jede Art ihre eigene Version hervorbringt. Allein die Blätter eines Baumes sind ein Kosmos für sich:

Blätter bieten ihren Bewohnern mehr als ihre ausgebreitete Fläche: Sie lassen sich falten, wickeln oder zusammenspinnen und so zum individuellen Lebensraum gestalten. Pflanzenfresser nutzen diesen ebenso wie Spinnen und andere Räuber. Für viele ist ein einziges Blatt ihr ganzes Universum, andere nagen ein Blatt nach dem anderen ab.

Im folgenden Porträtteil zeigen feine Skizzen von Roland Spohn, welch unterschiedliche Wickeltechniken Haselblattroller und Trichterwickler nutzen – es ist einfach faszinierend!
Auch abgestorbene Bäume sind ein komplexer Lebensraum für Pilze, Insekten und Mikroorganismen. Ausführlich wird der jahrzehntelange Weg vom Totholz zum Humus beschrieben.

Detailreiche Porträts, praktisches Register und Glossar
Die Spohns sind ein eingespieltes Team, das schon mehrere Naturführer über Bäume und Blumen herausgegeben hat, sie als Botanik-Expertin, er als Fotograf und Zeichner. In den einzelnen Porträts dieses Buches sind eine Fülle von Details zu erfahren und zu sehen: über die vielen Partnerschaften bei der Verbreitung der Samen und Früchte, über die chemischen Lockstoffe und Abwehrstoffe der Bäume und ihrer Parasiten, über Kämpfe, Konkurrenz und Freundschaften. Ich staunte über die boxenden Blüten der Mahonie, bin eingetaucht in den Lebensraum Eiche – der “Metropole der Bäume” mit bis zu 700 Insektenarten, und bin fasziniert von Raupen, Spinnern, Wicklern, Wanzen und Gespinstmotten – eigentlich sind die gar nicht so ekelig, wenn man sie erst mal kennengelernt hat. Im Glossar werden die wichtigsten Begriffe erklärt, und im Register finden sich sämtliche erwähnten Bewohner der Bäume – sehr praktisch.

Fazit
Dieser Naturführer bietet einen fantastischen Einblick in die Lebenswelt der Bäume und ihrer Bewohner. Das Buch lädt zum Stöbern ein, ist aber auch zum Nachschlagen geeignet. Mit ihren lebendigen Beschreibungen und Beobachtungstipps verleiten die Spohns ihre LeserInnen dazu, sich gleich auf eigene Entdeckungsreise zu begeben. Schon beim gestrigen Spaziergang habe ich die Galle einer Rosengallwespe entdeckt. Jetzt bin ich neugierig, ob ich auch so fantastische Fraßspuren an Blättern wie im Buch finden werde. Dabei werden mir die 335 Fotos und 65 Zeichnungen eine große Hilfe sein.

Margot Spohn/ Roland Spohn: Bäume und ihre Bewohner – Der Naturführer zum reichen Leben an Bäumen und Sträuchern
Haupt Verlag 2016, 304 Seiten
mit 335 Fotos und 65 Zeichnungen
ISBN 978-3-258-07950-9
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7 Kommentare

  1. Liebe Petra,
    das erste Buch der beiden Spohns “BLUMEN UND IHRE BEWOHNER” hat mir bereits sehr zugesagt. Es war neben der spannenden Informationen zu tierisch-pflanzlichen Interaktionen auch eine gute Schule des Sehens.
    https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/08/31/blumen-und-ihre-bewohner/

    Mit Deiner gelungenen Rezension führst Du mich nun in Leseversuchung für das zweite Buch der Spohns.

    Nachtaktive Grüße von Ulrike

    • Vielen Dank, liebe Ulrike, dass du mich an das Blumenbuch der Spohns erinnerst. Es interessierte mich schon beim damaligen Lesen deiner Rezension. Nachdem ich nun ihre Methode kenne, steht es auf meiner Wunschliste :-)

  2. Deine Tipps machen mich arm! ;-)
    LG Erich

  3. Pingback:Wissensbuch des Jahres 2016 - Die Nominierungen – Elementares Lesen

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